Wer baute diese schönen Türen?
Die heute existierenden Darßer Haustüren wurden fast alle als Auftragsarbeiten von Tischlerhand in der Werkstatt gefertigt. Die Legende von den Seefahrern, die angeblich die bunten Haustüren in ihrer Freizeit auf See fertigten stimmt nicht ganz, hat aber einen wahren Kern.
- Die Seefahrer sahen in Ländern Asiens, Kleinasien, im Mittelmeerraum und anderswo Verzierungen an Häusern, an denen sie Gefallen fanden.Sonnen, Tulpen und Lotosblüten als Tür oder Giebelschmuck sind in vielen Ländern zu finden.
- Manch geschickter Schiffszimmermann war in der Lage und verfügte über das Werkzeug, Zierelemente zu schnitzen und diese nachträglich auf seine einfache Brettertür aufzubringen. Von diesen urtümlichen Exemplaren sind bis nur sehr wenige erhalten geblieben.
Übrigens waren die Haustüren bis um 1920 herum überwiegend einfarbig gefasst. Erst mit zunehmendem Fremdenverkehr wurden die Türen bunt bemalt.
Reich verziertes Erbe der Seefahrer
Zu den herausragenden baulichen Besonderheiten des Darß gehören zweifellos die aufwendig gestalteten, formenreich ornamentierten und farbenfroh gefassten Haustüren. Mit ihrem unverkennbaren Erscheinungsbild stellen sie eine Besonderheit im Land dar und sind Kulturgut, das nicht nur traditionell in Baudenkmalen überliefert, sondern auch noch im 21. Jahrhundert lebendig ist und weiter gepflegt wird. Bei dem seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts immer gebräuchlicher werdenden neuen Haustyp erhielt die Haustür in der an der Straße liegenden Traufseite eine neue Bedeutung. Sie rückte in den Mittelpunkt der Fassade und eignete sich damit hervorragend zur Darstellung der gesellschaftlichen Stellung der Bewohner und wurde gleichsam zum Statussymbol. Die reiche Ornamentik geht vor allem auf regional überlieferte volkskundliche Motive zurück. Sie ist aber auch durch Eindrücke der Seefahrer beeinflusst, die sie während vieler Reisen in ferne Länder mitbrachten. Obwohl zeitlich durch die Stile des Klassizismus des Biedermeier und des Historismus unterscheidbar, haben die einzelnen Motive auf den Türflügeln eine lange Tradition.
Diese sind die häufigsten Motive:
- aufgehende Sonne
- stilisierte Lotosblüte
- stilisierter Lebensbaum
- Tulpenstrauß
- Schale, Amphore
- Anker
ergänzende klassische Zierelemente: Girlanden, Eierstab, Zahnschnitt, Schuppen, florale Ranken, geometrische Formen
Türen im Innenraum
Je nach Bedeutung wurden die Türen innen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts unterschiedlich ausgeführt. Die einfachste Form stellen Brettertüren mit Querriegeln dar. Sie werden für eher untergeordnete Räume, wie Kammern, Küche oder Abseiten, verwendet. Die gleiche Art fand auch bei Stalltüren Verwendung. Die Wohnstuben erhielten schon im 18. Jahrhundert aufwendiger gearbeitete Türen auf Rahmen und Füllung. Diese Türen gestaltete man entsprechend der Mode der Zeit. Barocke Türen zeigen geschweift ausgestochene Füllungen. Klassizistische Türen sind eher streng und geradlinig. Um 1800 herum werden Füllungen im Zuge der Mode des Empire oft mit dem Hobel auf der ganzen Fläche gekehlt. Das können dann Flächen sein, die wie aus vielen feinen Stäben zusammengesetzt aussehen. Oder, (eher selten) Kehlen werden vertieft. Manchmal werden Ecken quadratisch ausgestochen.
Um 1800 herum baut man Türen gern mit zwei Füllungen. Dann bis ca. 1860 mit drei Füllungen. Danach, bis in die 1920er Jahre) möglichst nur noch mit vier Füllungen. Das ist nicht nur eine Frage der Mode, sondern hat auch technische Hintergründe. Je kleiner Füllungen ausgeführt werden, desto weniger wirkt sich das Quellen und Schwinden des Holzes störend aus. Mehr Füllungen bedeuten aber für den Tischler auch mehr Arbeit. Nicht zu vernachlässigen für den Gesamteindruck der Türen sind die einrahmenden Bekleidungen auf beiden Seiten. Auch sie unterliegen dem Zeitgeschmack. Die Profile werden mit unterschiedlichen Hobeln recht aufwendig herausgearbeitet.
Einfache Kammertüren wurden direkt am Fachwerk angeschlagen. Für alle besseren Türen baute man vierseitige Zargen. Hier schlagen die Flügel in einen Falz. Bis ca. 1850 war es üblich mit geschmiedeten Aufnagelbeschlägen und Stützhaken die Tür anzuschlagen. Diese können je nach Zeitalter sehr dekorative Formen zeigen. Der Darß muss früher sehr gute Schmiede besessen haben. Spätestens ab 1850 verdrängen sogenannte Bänder die Aufnagelbeschläge. Sie sind weniger rustikal. Auffällig sind die verschiedenen Zierspitzen. Häufig ist die Ausformung als Eichel bei den klassizistischen Türen. Türen der Gründerzeit weisen fast immer eine Art Kegel auf. Bis um 1850 und bei einfachen Türen auch noch länger, sind die Türen mit aufgesetzten Kastenschlössern versehen. Dann lösen im geschlossenen Zustand nicht sichtbare Einsteckschlösser diese ab. Nicht jede Tür war abschließbar. Brettertüren konnten zum Beispiel nur ein Klinkgeschirr aufweisen. Aber auch andere Türen hatten manchmal nur ein unverschließbares Schnappschloss mit Knauf. Oder umgekehrt. Wenig benutzte Türen, wie für Abseiten hatten nur ein Schnappschloss, das mit einem Schlüssel bewegt wurde, ohne Klinke oder Knauf.
Drückergarnituren und Schlüsselschilder sind bei den ältesten Türen aus Eisen gewesen. Aber zeitlich korrespondierend mit dem Aufblühen der Segelschifffahrt wird Messing bevorzugt. Ganz selten sind Exemplare aus der Zeit vor 1800. Eine auffällig lange Zeit im 19. Jahrhundert wird in kleinen Abwandlungen ein klassizistisches Modell verwendet. Es findet sich nicht nur auf dem Darß aber war hier wohl mit Abstand das beliebteste. In der jüngeren Ausprägung hat es manchmal Griffe aus Ebenholz. Leicht verkannt wird eine ganz andere Art der Drückergarnituren, die um 1850 hinzukommen. Auf den ersten Blick sehen sie so aus wie aus Kunststoff. Fühlen sich auch ähnlich an. Sie sind aber aus Horn gefertigt. Material bedingt gibt es hier keine Langschilder. Jeweils eine runde Rosette für das Schlüsselloch und eine als Führung für den Drücker sind üblich. Das Material ist relativ empfindlich. Besonders Hitze verträgt es nicht. Beim Abbrennen von Farbe auf den Türen sind schon manche Teile aus Horn irreparabel beschädigt worden. In der Gründerzeit, ca. ab 1890 sind aus Eisen oder Messing gegossen Beschläge beliebt. Sie sind in der Regel recht stark im Stil der Zeit verziert.. Vielleicht ab 1900 können die Beschläge auch vernickelt sein.
Eine liebenswerte Besonderheit bei Innentüren zum Flur hin sind kleine eingearbeitete Glasscheiben in den oberen Füllungen. Gern in ovaler Form – mit Gardine. Die Haustüren blieben früher tagsüber gastfreundlich offen. Man konnte ganz selbstverständlich zu Besuch in jedes Haus gehen. Durch die Glasscheiben sah der Bewohner, wer hereinkam. Klingeln an der Haustür kamen erst im 20. Jahrhundert auf. Allerdings finden sich öfter Mechanismen mit Glocken über dem Haustürflügel. Wir die Tür bewegt, werden diese angeschlagen und kündigen den Besucher an. Manche Systeme mit zwei Glocken erzeugen unterschiedliche Klänge beim Öffnen und Schließen der Tür.
Die Türen zwischen vorderen und hinteren Stuben wurden bei großen Häusern oft als zweiflügelige Kassettentüren ausgeführt. Etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts möglichst mit Glas und Ziersprossen. Wo es Platz und Möglichkeit es nicht hergaben, blieb es bei der einflügeligen Variante. Insbesondere bei Feiern mit einem größeren Personenkreis nutzte man beide Räume zugleich und stellte dann die Türen weit auf.
Luken
An jedem alten Darßer Haus finden sich im Giebel aus glatten Brettern gefertigte Luken. Diese wurden benötigt, um Dinge auf den Boden zu schaffen. Auf den meisten Dachböden lagerte man Heu für das Vieh. Bei jüngeren Häusern sind manchmal Glasscheiben über der Luke angeordnet. Ansonsten hatte der unausgebaute Boden meist keine Belichtung. Die geöffnete Luke musste reichen. Die Luke sitzt praktischerweise in der Mitte des Giebels. Ist der Boden aber mit Zimmern ausgebaut (zunehmend ab dem 19. Jahrhundert), werden die Abseiten links und rechts durch Luken erschlossen.